Zur Textwiedergabe

Textwiedergabe nach Handschriften

Liegt ein Brief als Autograph Speners vor (Abfertigung, Entwurf oder eigenhändige Abschrift), werden Textvarianten sekundärer Handschriften (zeitgenössische oder spätere Abschriften) nicht berücksichtigt. Falls handschriftlich überlieferte Briefe ganz oder teilweise auch im Druck überliefert sind, werden Abweichungen der Drucke vom Originaltext im textkritischen Apparat nachgewiesen; dies geschieht, weil bisher zumeist die Drucke von der Forschung benutzt und zitiert worden sind.

Textwiedergabe nach Drucken

Die Letzten Theologischen Bedenken sind in zwei Ausgaben (1711. 1721), die Theologischen Bedenken gar in drei Ausgaben (1700-1702. 1707-1709. 1712-1715) erschienen. Jede dieser Ausgaben beruht auf komplettem Neusatz. Da dieser jeweilige Neusatz – abgesehen von einigen Kleinigkeiten wie etwa dem Wegfall eines nicht von Spener stammenden Briefes – strikt seitenidentisch ist, hat die bisherige Forschung, soweit sie nach diesen Bänden zitierte, den Unterschied der Ausgaben nicht beachtet. Die drei Ausgaben der Bedenken bieten aber nicht nur zahlreiche orthographische Unterschiede, die vor allem den Druckern zuzuschreiben sind, sondern es gibt hier auch echte Textvarianten zu verzeichnen. Es macht durchaus einen Unterschied, ob man in Bezug auf die Liebe „deroselben gnade“ oder „deroselben grade“ bespricht, ob das Fasten als eine „löbliche“ oder lediglich eine „leibliche“ Übung bezeichnet wird, ob sich etwas „ereignet“ oder „erreget“, „geschmecket“ oder „geschencket“ ist; in der Verwandlung schließlich eines „herrlich gestärcket“ zu einem „hertzlich gestärcket“ zeigt sich der Siegeszug des Pietismus auch innerhalb der Druckgeschichte der Spenerschen Bedenken.

Speners lateinische Consilia sind dagegen nur in einer einzigen Ausgabe (1709) erschienen, diese bietet aber ihre eigenen Probleme. Hier ist nicht nur an die Fülle von Druckfehlern zu denken, die auch vor den Namen und Daten nicht haltmachen, und an die teilweise durch falsche Zeichensetzung verderbte Syntax, sondern die Ausgabe weist auch satzinterne Varianz in Form sogenannter Presskorrekturen auf. Wurden nämlich nach Abzug der ersten Druckbogen Fehler erkannt, so wurden mitunter im stehenden Satz Korrekturen vorgenommen, bevor man weiterdruckte, so dass in den einzelnen Exemplaren, je nach Textwiedergabe nach dem, welche Druckbogen zusammengebunden wurden, einzelne Varianten zu verzeichnen sind.

Speners Theologische Bedencken und Letzte Theologische Bedencken werden nach der jeweils ersten Ausgabe herangezogen, doch musste stattdessen vielfach auch auf den verbesserten Text der zweiten Auflage zurückgegriffen werden (vgl. zu den zugrundeliegenden editorischen Prinzipien Frankfurter Briefe Bd. 3, S.VII). Nur relevante und auffällige Varianten in den Druckausgaben werden im textkritischen Apparat verzeichnet. Wo Doppel- oder Mehrfachüberlieferung durch weitere Überlieferungsträger vorliegt, bieten die Bände der Bedencken und der Consilia in der Regel den schlechteren Text und damit Varianten für den Apparat. Spätere Abdrucke von Briefen Speners, die ohne eigene Heranziehung handschriftlichen Materials ausschließlich auf den Bedencken und Consilia fußen, werden nicht als eigenständige Überlieferungsträger herangezogen.

Zu Orthographie und Interpunktion

Die Edition folgt den Empfehlungen zur Edition frühneuzeitlicher Texte (vgl. Jahrbuch der historischen Forschung in der Bundesrepublik Deutschland, Berichtsjahr 1980, Stuttgart 1981, S.85–96.). Dies bedeutet insbesondere

a) bei den deutschen Texten:
der Bestand der Konsonanten wird bewahrt, jedoch sind u und v sowie i und j entsprechend dem Lautwert wiedergegeben; die Schreibung von s, ss und ß folgt der Vorlage; Kürzel und Ligaturen sind aufgelöst, das Kürzel für „das/daß“ ist jeweils sinngemäß aufgelöst.

b) bei den lateinischen Texten:
j wird als i wiedergegeben; Kürzel sind bei Eindeutigkeit stillschweigend aufgelöst; in der gedruckten Überlieferung gesetztes „&“ ist zu „et“ aufgelöst, jedoch wird „&“ beibehalten, wo es von Spener selbst in der handschriftlichen Überlieferung geschrieben ist. Groß- und Kleinschreibung sind normalisiert, jedoch ist Großschreibung beibehalten, wo sie als Ausdruck des Respektes bewusste Funktion hat (z.B.: in Ecclesia, DEUS, ille Vir, Vestra Civitas).

Wortformen, die im klassischen Latein nicht vorkommen, werden beibehalten, wenn sie im 17. Jahrhundert geläufig waren und von Spener regelmäßig verwendet werden. Hierzu zählen:

arctus (=artus), ceptus (=coeptus), collimare (=collineare), haecce (=haece), iam dum (= iam dudum), quinimo (=quin im[m]o), quoad (=quod ad); ferner die Zusammenschreibung von Formen mit „ipse“ (mihiipsi, reipsa, teipso, nobismetipsis etc.) sowie: quamplurimi (=quam plurimi) und simulvero (=simul vero).

Die Zeichensetzung ist als Verständnishilfe weitgehend vereinheitlicht. Ungewöhnliche Zeichensetzung wurde dort beibehalten, wo sie eine deutliche rhetorische Funktion erfüllt. Statt der in alten Drucken verwendeten Virgel wird stets das Komma gesetzt. Bei der Silbentrennung des Lateinischen wird dem Vorschlag der Grammatik von Rubenhauer und Hofmann (Hans Rubenhauer u. Johann B. Hofmann, Lateinische Grammatik, neubearbeitet von Rolf Heine, 9. Aufl., Bamberg u.a. 1975, 3.) gefolgt.
Herausgeberzusätze stehen in eckigen Klammern. Im Einzelnen bedeuten:

[…]Textlücke (z.B. durch Beschädigung des Blattes); wo konjizierte Ergänzungen möglich sind, stehen diese in eckigen Klammern.
[?]Unsichere Lesung.
[!]Unheilbare Korruptele.

Abkürzungen, soweit sie nicht in eckigen Klammern aufgelöst sind, sind im Abkürzungs‑ und Siglenverzeichnis oder im Kommentar (z.B. Buchtitel) erläutert. Lediglich abgekürzt notierte Monatsnamen in Datierungen werden nicht eigens erklärt.

Die abgekürzt geschriebene Schlussformel „manu propria“ ist zu „Mppria“ vereinheitlicht.

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