Zum textkritischen Apparat

Dort, wo die Briefausgabe hinter die bisher benutzten Drucke älteren oder neueren Datums erstmals auf die Handschriften zurückgeht, ist die Notwendigkeit eines textkritischen Apparates unmittelbar evident. Da die Bedencken und Consilia in der Spener-Forschung weit verbreitet sind und intensiv genutzt werden, verzeichnet der textkritische Apparat bei Mehrfachüberlieferung, bei denen diese Bände beteiligt sind, die Varianten bis auf eindeutige, klar erkennbare Druckfehler der alten Drucke. Gleiches gilt für die neueren Teileditionen von Spener-Briefen, die bisher benutzt worden sind, da auch diese nicht frei von Lesefehlern sind. Unberücksichtigt bleiben rein orthographische Varianten sowie unterschiedliches Verfahren bei Abkürzungen.

Der textkritische Apparat bietet bei Mehrfachüberlieferung die Textvarianten, bei handschriftlicher Überlieferung vor allem die vorkommenden Entstehungsvarianten, die oft auf interessante Weise bezeugen, wie Spener an seinen Briefen gefeilt hat. Spener ist mit Korrekturen unterschiedlich verfahren; in Briefen an seinen Freund und Amtsbruder Spizel etwa hat er sich vor Streichungen, Ergänzungen am Rande und Wortumstellungen nicht gescheut; andererseits hat er aber die durch Korrekturen verunzierte Ausfertigung eines Empfehlungsbriefs lieber als Entwurf und eigenen Beleg behalten und schrieb auf dieser Grundlage seinen Text in stilistisch verbesserter Form als mitzugebende Abfertigung neu.

Verzeichnet sind auch alle Konjekturen, die im Falle lateinischer Brieftexte häufig nötig waren, vor allem dort, wo die Texte nur in den Consilia überliefert sind, die schon der Baron von Canstein wegen ihrer „viellen 1000 Fehler“ für „nicht brauchbar“ erklärt hatte. Diese Fehler betreffen nicht nur den eigentlichen Text, sondern auch die Datierungen.
Zur Bezeichnung der Überlieferungsformen werden die oben genannten Siglen verwendet. In den Fällen, in denen unterschiedliche Ausgaben oder Auflagen eines Druckes textlich behutsame Varianten aufweisen, werden sie im textkritischen Apparat als D1, D2 usw. differenziert. Dieses gilt immer für Druckvorlagen aus Speners Theologischen Bedencken und Letzten Theologischen Bedencken. Bei den Consilia kann nicht zwischen einzelnen Drucken unterschieden werden. Die einzelnen Exemplare enthalten in ganz unterschiedlicher Zusammenstellung die Bogen mit und ohne Presskorrekturen.

Der textkritische Apparat bezieht sich mit seinen Positionszahlen auf den Zeilenzähler und verwendet folgende Zeichen:

a) zur Beschreibung der Entstehungsvarianten

Grundformen

/fides/ „fides“über der Zeile eingefügt
<fides> „fides“in der Handschrift gestrichen
| fides | „fides“eingewiesen vom linken Blattrand
fides < fidei „fides“durch Überschreiben korrigiert aus „fidei“
fides (?)unsichere Lesung
<..?>unleserlich gestrichenes Wort

kombinierte Formen

religio ] + <fides>nach „religio“ gestrichen „fides“
/fides/ : <religio>„fides“ über der Zeile eingefügt für gestrichen „religio“
religio/ : <fides(?)>„religio“ über der Zeile eingefügt für gestrichenes Wort, vermutlich „fides“
ama/bam/ < ama <veram>Korrektur von „amaveram“ zu „amabam“ durch Streichen der Endung „-veram“ und Ersetzen durch über der Zeile eingefügtes „-bam“

b) zum Nachweis von Überlieferungsvarianten

religio ] fides: DTextvariante von D gegenüber der Druckvorlage
fidei: Dwie oben, jedoch ohne Nennung des Bezugswortes, wenn dieses eindeutig erkennbar ist
religio ] -D2„religio“ fehlt in D2
religio ] + me: DD druckt nach „religio“ ein nicht in der Druckvorlage stehendes „me“
mein ] sein: D2+3Variante der zweiten und dritten Ausgabe/Auflage gegenüber der ersten
ex ] &: D*Fehlerhafte Form in einem oder mehreren Exemplaren von D, die durch Presskorrektur am stehenden Satz korrigiert wurde
fides: cjKonjektur

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