Zitat der Woche:

Zum neuen Jahr:

“OBwol das vergangen jahr unter allen, welche der grosse GOtt E. Hoheit bisher erleben lassen, dasjenige seyn mag, das aus vielen ursachen deroselben theuren person vor den übrigen den meisten kummer, sonderlich da gegen das ende desselben eine der vornehmsten stützen vieler künfftigen hoffnung umgerissen werden muste, erwecket hat, also, daß man, wo man der vernunfft fleischlichem urtheil folget, gedencken solte, es wäre lauter betrübtes und unglückliches in demselben gewesen, so trage ich dannoch das Christliche vertrauen zu Ew. Hoheit geübter gottseligkeit, daß, obwol fleisch und blut sein leiden schwer und schmertzlich fühlet, sie dannoch mit den augen des geistes durch alles hindurch sehen, und in der krafft Gottes dero seele durch kindliche gelassenheit ihres himmlischen Vaters heiliger fügung sich übergebende dieselbe beruhigen, diese warheit aber bereits so viel tieffer sich eintrucken habe lassen.”

Aus Speners Brief an die ehem. sächsische Kurfürstin und Kurfürstenmutter Anna Sophie (Berlin, 02. Januar 1692); in: AFSt/H A 143 : 110c (Entwurf) = Philipp Jakob Spener, Letzte Theologische Bedencken, Teil 2, Halle 1711 (2. Aufl. 1721), 409f.

Zitat der Woche:

“Gnädigster Fürst und Herr, E[ure] Hochfürstl[iche] Durchl[aucht] gnädigstes ist mir nechst den heiligen abend von der post wol geliefert, ich aber so bald zu antworten durch die fest=arbeiten gehindert worden, daß es also auf einen post=tag ausgesetzt lassen müssen.”

Aus Speners Brief an Herzog Gustav Adolf von Mecklenburg-Güstrow in Güstrow (Dresden, 28. Dezember 1688); in: Philipp Jakob Spener, Briefe aus der Dresdner Zeit, Brief Nr. 121, Zeilen 1-5.

Zitat der Woche:

Zum Internationalen Tag der Migranten:

“Daß in dem Hochlobl[ichen] Fürstentuhm Wirtenberg die aufnahm der verjagten armen Waldenser resolviret worden, ist mir eine rechte freude, als der ich den armen leuten billig gönne, daß sie mögen nach ihren langen trangsahlen wiederum eine ruhe finden, daher ich auch hoffe, daß sie einem lande segen bringen werden, welches barmhertzigk[eit] an Ihnen erzeiget; ich zweifle auch nicht, da die herzen zu einer liebe und vertrauligkeit zu uns durch liebreiche aufnahm werden gelenket werden, so werde auch solches eine bereitung derselben seyn, unsere warheit auch völliger zu erkennen. Daher wünsche, daß die tractaten durch anderwerts herkommende consilia, wie etwas anregung geschehe, nicht mögen unterbrochen, sondern zum stande und vollziehung gebracht werden. Der Herr sehe der armen leute, die nicht um ihrer noch anklebenden irrthumen, sondern eigentlich um der mit uns gemeinen warheit willen vorneml[ich] leiden, elend an, laße sie sich wiederum erquicken, und, wo die reihe des leydens auch uns betreffen wird, zeige auch uns einen ort der zuflucht.”

Aus Speners Brief an Johann Georg Kulpis (Dresden, 29. Februar 1688); in: Philipp Jakob Spener, Briefe aus der Dresdner Zeit, Brief Nr. 20, Zeilen 1-15.

Zitat der Woche

Dona homiletica mediocria sunt, et nescio an studia tam profunda: sed gerendarum rerum usu et experientia non dubito prudentiae quod satis est sibi conquisivisse, uti omnino videtur practicae quam theoreticae vitae indoles ipsius magis convenire.

 

(Die homiletischen Gaben sind mittelmäßig, auch weiß ich nicht, ob seine Studien so tiefgehend sind; ich zweifle jedoch nicht, dass er sich in der Ausübung und Erfahrung der Amtstätigkeit hinreichende Kenntnis erworben hat, wie überhaupt sein Naturell mehr zum praktischen als zum theoretischen Leben zu passen scheint.)

 

Speners Einschätzung eines neu gewählten Generalsuperintendenten (Günther Heiler [1645-1707]), im Brief an Adam Rechenberg vom 25.9.1688

Zitat der Woche

Zum Reformationstag:

“Vor einen Reformatorem der kirchen mich anzugeben, lasse ich mir die thorheit nicht aufsteigen, sondern weiß mich meiner schwachheit zu entsinnen, daß dazu weder weißheit noch krafft empfangen habe. Lasse mir also genügen, daß ich mit unter die stimmen gehören möge, welche die jenige zu der reformation helffen auffmuntern, die der HErr dazu außgerüstet haben mag. In solcher sache also bedarff ich keines anhangs oder andere an mich zu ziehen.”

Aus Speners Brief an Friedrich Breckling in Amsterdam (Frankfurt a.M., kurz  nach  dem  Bußtag  am  25. 11. 1681); in: Philipp Jakob Spener, Briefe aus der Frankfurter Zeit, Brief Nr. 123, Zeilen 238-244.

Zitat der Woche

“Durch schreiben unter uns über solche streit=sachen zu conferiren, ist mir nicht thunlich. Ich bedarff meine zeit zu andern nützlichern dingen und habe aus dem erfolg auf die ersten meine briefe gesehen, wie mißlich es seye zu correspondiren, wo man auff anderes hinziehlet, wie sich damal der ausgang gezeiget und mich darinnen klüger gemacht.”

 

Aus Speners letztem Brief an Georg Conrad Dilfeld ( Franfurt a.M., 27.1.1683; ThBed 3, 566-568).

Dilfeld (ca. 1630-24.4.1684), geboren in Nordhausen, war seit 1656 Diaconus an der Nikolaikirche in seiner Heimatstadt und profilierte sich seit 1663 in der frühneuzeitlichen Öffentlichkeit mit diversen Streitschriften gegen aus seiner Sicht heterodoxe Theologen. Mit ihm führte Spener seine erste große Auseinandersetzung, nachdem Dilfeld ihn und seinen Schwager Johann Heinrich Horb 1679 mit der Theosophia Horbio-Speneriana Oder Sonderbahre Gottes Gelahrtheit Hn. Henrici Horbs […]; Und seines Schwagers Hn. Philippi Jacobi Speners Theologiae Doctoris, Primarii und Senioris des Ministerii zu Franckfurt am Mayn … angegriffen hatte. Der Streit zog sich mehrere Jahre hin, ebenso wie der Briefwechsel beider Kontrahenten – allerdings zunehmend zu Speners Unzufriedenheit. Mit diesem Brief zu Beginn des Jahres 1683 brach Spener den Kontakt endgültig ab.

Literatur zur Auseinandersetzung zwischen Dilfeld und Spener:
J. Wallmann, Spener und Dilfeld. Der Hintergrund des ersten pietistischen Streits, in: Ders., Theologie und Frömmigkeit im Zeitalter des Barock. Tübingen: Mohr 1995, 197-219.

Zitat der Woche

zum Welt-Nichtrauchertag der WHO
Auf die absonderliche fragen zu kommen, ist die erste wegen des taback-bauens, von dem ich nicht in abrede bin, daß mit geliebtem bruder nicht einerley meynung seye, noch solchen bau vor sündlich halten könnte, auch die daran arbeiten, davon nicht abhalten wolte. Es ist nicht allein das gewächs an sich so wol ein geschöpffe GOTTES als andere, sondern auch dem menschlichen geschlechte nutz. Und ob wol nicht ohn ist, daß der allermeiste taback unnützlich und mit sünden gebrauchet wird, höre ich (der aus eigener erfahrung nichts weiß, noch je desgleichen getruncken habe) doch so von medicis als andern leuten, daß dessen mäßiger gebrauch so wol der gesundheit gewisser leute vorträglich, als einigen, so zum exempel auf denen schiffen dienen, fast nothwendig seye, nicht weniger in dem krieg oftmals denen, so ihre speisen nicht nach der gesundheit haben können, vielen vortheil thue; wie also derselbe seinen nutzen hat, so kann auch einem ort und land daran zu seiner mehrern nahrung viel gelegen seyn, daß des jenigen eine ziemliche quantität gebauet und bereitet werde, so an andere ort verführet einiges geld in das land bringet; wie mir orte bekannt sind, deren meiste einkunften aus taback bestehen, so nach den Niederlanden verführet wird. Da also der taback ein an sich nützliches gewächs ist, so mag der mißbrauch desselben, wie sehr er auch eingerissen ist, den bau und bereitung nicht sündlich machen, als lange die bauende und bereitende zu dem mißbrauch nicht selbs mit helffen. So wenig als wein zu bauen, bier zu brauen, brandewein zu brennen, vor unrecht geachtet werden mag, ob wol von allen denselben wo nicht das meiste, doch gewiß nicht viel weniger, als dasselbe, mehr zum miß- als rechten gebrauch angewendet wird.

(Ph. J. Spener, Theologische Bedencken, Teil 1.1, Halle 1700, 680.)

Zitat der Woche

Placuit cumprimis D. Rangonem a Dn. Pufendorfio ad silentium adactum, utinam vero hoc semper servaret!

Spener an Rechenberg am 20.3.1688

Conrad Tiburtius Rango (1639-1700) war bekannt für seine theologische Streitlust. Mit einem seiner Kollegen, dem Stettiner Theologen Johann Ernst Pfuel (1640-1705), stand er seit ca. 1685 in einem Konflikt, der mit zunehmender Schärfe geführt wurde und bis in die 1690er Jahre hinein andauerte.

Zitat der Woche

zur Walpurgisnacht: Umgang mit einer der Zauberei Beschuldigten
Den andern casum anlangend, achte ich, der Prediger habe die der zauberey beschuldigte person auffs ernstlichste in geheim vorzunehmen, ihr die gefahr der unwürdigen niessung vorzustellen, und die bekäntnüs ihrer sünde, mit verspruch (der auch gehalten werden muß) solches niemand zu sagen, auch versicherung, daß sie zu gnaden von GOtt auff wahre buß angenommen werden könne und werde, von ihr zu fordern. Bekennet sie ihre sünde, so ist an ihrer buß mit allem fleiß, aber auch vorsichtigkeit, daß die sache nicht daraus vor die Obrigkeit komme (dero amt über diejenige gehet, dero mißhandlung ihnen sonsten kund wird 2. Kön. 6,22. und alsdenn von uns auch nicht zu hemmen ist) zu arbeiten, und sie anzunehmen. Beharret sie aber auff ihrer unschuld, kan sie nicht ausgeschlossen werden, indem ein zeuge nicht ist, und der teuffel seine zauberer also blendet, daß sie offt wahrhafftig meynen, diese und jene person auff ihren täntzen zu sehen und mit ihnen umzugehen, die doch nicht da sind, sondern des teuffels gauckelwerck damit verknüpffet ist. So gehören die sünden, die nicht erwiesen werden können, nachdem man gnug gewarnet, unter die peccata occulta, de quibus Ecclesia non judicat. Der Herr gebe darinnen die nöthige weisheit, und führe die verstockte zu wahrer buß!

(Ph. J. Spener, Theologische Bedencken, Teil 1.2, Halle 1701, 237.)

Zitat der Woche

Ach wie viel 1000. Sünden blieben unterwegen / wo jeder damit wolte zu frieden seyn / was er nur haben muß / und nicht glaubte / daß er alles haben müste / was eben andere seines gleichen haben. Wie viel zeit hätte ein solcher mensch offt übrig zu seines Gottes dienst / mittel zu seines neben=menschen besten und hülff / und bey sich ein tausendmahl ruhiger gemüth.

(Ph. J. Spener, Invocavitpredigt 1670; EGS 1, 245)

Zitat der Woche

Vom träumen

Von dem, was einiger träume wegen geschrieben worden, kan nicht zur gnüge antworten.
1. Ists an dem, daß die meiste unsere träume blosse wirckungen unsrer phantasie sind und sich nach dem temperament oder auch jedesmaliger beschaffenheit des menschen ziemlich richten und sich also aus denselben von künfftigen dingen nichts schliessen lasse.

(Ph. J. Spener, Briefe aus der Dresdner Zeit 1686-1691, Band 1, Brief Nr. 178, S. 578, Z. 1-6.)

Zitat der Woche

Weil aber die supplic mit aufgeschriebenem decret etliche wochen unter andern papieren in dem Consistorio verleget war, und erst die vorige woche wider zum vorschein gekommen, richte ich das mir committirte etwas späte aus.

(Ph. J. Spener, Letze Theologische Bedencken, Teil I, Halle 1711, 568.)